Medical Training für Hunde
Ein Interview plus Expertinnen-Short-Talk mit Ing. Jessy Pusch und Bianca Oriana Willen, CBATI-KSA
Ein Interview plus Expertinnen-Short-Talk mit Ing. Jessy Pusch und Bianca Oriana Willen, CBATI-KSA
Während meiner Ausbildung zur Hundetrainerin an der Hundeschule Willenskraft und Akademie, war das Buch “Medical Training für Hunde” von Anna Oblasser-Mirtl und Barbara Glatz unter den Buchempfehlungen. Da wurde mir bewusst, wie wichtig dieses Thema für Hunde ist und wie sehr es ihnen helfen kann, mit einer heute sehr alltäglichen Situation gut umzugehen. Wir Menschen kennen es ja selbst, wenn uns eine Körperpflegemaßnahme oder ein Arztbesuch zu unangenehm oder angstauslösend. Nur mit dem Unterschied, dass wir offener und leichter miteinander kommunizieren können.
Zu sehen, wie man ganz einfach, Schritt für Schritt und relativ wenig Aufwand ein Hunde- und Menschenleben maßgeblich verändern kann. Der Moment, wenn man eine Dummyspritze oder eine Bürste an den Hund anlegen darf, bei denen er früher die Flucht ergriffen hat, ist unbeschreiblich!
Weil es heute zum Alltag dazugehört und keine Ausnahme mehr ist. Wir kümmern uns immer mehr um die Gesundheit unserer Fellfreunde und machen uns allgemein mehr Gedanken über ihr Wohlbefinden. Weil sie immer mehr zu engen Familienmitgliedern und Freunden werden und weniger Arbeitsmittel.
Kooperationssignale sind im Grunde genommen einfache “Tricks”, bei dem der Hund aber etwas maßgebliches lernt bzw. eine Möglichkeit bekommt, mit uns Menschen eindeutig zu kommunizieren. Solange der Trick ausgeführt wird, darf die Behandlung, die ich durchführen möchte, weitergemacht werden und im Anschluss gibt es eine ordentliche Belohnung. Wenn der Trick vom Hund unterbrochen wird, höre ich dafür sofort mit der Behandlung auf. Dabei wird Vertrauen aufgebaut und der Hund behält die Selbstkontrolle über seinen Körper.
Ganz einfach! Man benötigt nur Leckerlis, evtl. eine Unterlage wie z.B. ein Handtuch und etwas Ruhe. Wenn man dann noch ein Markersignal mit seinem Hund etabliert hat, hat man schon eine Profiausstattung.
Nehmen wir das Beispiel Nasentarget (der Hund berührt mit seiner Schnauze die Hand): Man zeigt die offene Handfläche senkrecht dem Hund. Nähert sich der Hund selbstständig der Hand, wird belohnt. Berührt der Hund sogar die Hand, umso besser! Wenn der Hund Schwierigkeiten hat, die Hand berühren zu wollen, darf man natürlich mit einem Leckerli locken oder die Hand damit einreiben, damit dieser attraktiver riecht. Wenn der Hund diesen neuen Trick verlässlich zeigen kann, wird die Dauer der Berührung erhöht, indem gewartet wird, bis der Hund die Hand für 1-2 Sekunden berühren kann und dann erst belohnt. So gelingt Schritt für Schritt und mit etwas Geduld ein länger gehaltenes Nasentarget.
Achtet unbedingt darauf, dass ihr die Einheiten nicht zu lange macht und der Hund nicht den Spaß an der Übung verliert. Sie klingt zwar simpel für uns, ist für den Hundekopf aber sehr anstrengend.
Zum Einen, wenn er das Kooperationssignal halten kann. Das ist das offensichtlichste Anzeichen. Wenn ich als Mensch aber sehen kann, dass mein Hund zwar das Signal halten kann aber sich z.B. etwas weglehnt oder ein Beschwichtigungssignal zeigt, weiß ich, dass er grundsätzlich einverstanden ist, es aber dennoch Übungsbedarf gibt.
Für den Einstieg eignen sich das Nasentarget als Kooperationssignal gut oder, was die meisten Hunde schon gut als Unterhaltungstrick können, wie Pfote geben oder die Seitenlage als “Spiel tot oder Peng!” Diese Tricks kann man dann gut kombinieren mit Körperpflegemaßnahmen, die nicht so schlimm für den Hund sind oder er sogar genießt. Eine sehr praktische Kombination ist z.B. die Seitenlage mit Bürsten.
Unbedingt seine eigene Motivation zurückstellen, wenn diese mal überschießen sollte. Auch, wenn man kurz vor dem Erreichen eines lang ersehnten Schrittes steht! Der Hund gibt das Tempo an, nicht wir und wir riskieren dann nur, dass der Hund überfordert ist und Rückschritte macht.
Ein weiterer typischer Fehler ist, zu Üben auch wenn man selbst gestresst ist. Das merkt der Hund und kann sich daher auch schlechter konzentrieren und entspannen. Lieber einmal ein Training auslassen.
Auch öfter in kurzen Einheiten (ca. 15 Minuten täglich maximal) üben, als zu lange. So vermeidet man eine Überforderung des Hundes.
Wenn der Hund das Kooperationssignal länger halten kann und weniger unangenehme Situationen, wie Bürsten, in die Ohren schauen oder am ganzen Körper anfassen, geduldet werden.
Alles Mögliche im Pflegemaßnahmen-oder Tierarztkontext, was unangenehm für den Hund ist oder werden könnte. Egal, ob Krallenschneiden, Blut abnehmen oder Röntgen. Wenn allerdings der Hund die Maßnahmen an sich schon gut tolerieren kann, aber die Tierarztpraxis selbst schon Panik auslöst, sollte man das unbedingt separat trainieren oder in Erwägung ziehen, die Praxis zu wechseln.
Auch sind die Übungen sehr gut geeignet für die geistige Auslastung und helfen vielen Hunden, die regelmäßig unterfordert sind, beim Entspannen danach!
Es wird vor allem gegenseitiges Vertrauen aufgebaut! Nicht nur zwischen Hund und Halter:in, sondern auch zwischen Tierarzt:ärztin, Hund und Halter! Auch erhält der Hund etwas Maßgebliches zurück, nämlich die Kontrolle über seinen eigenen Körper. Und das ist ein wichtigeres Thema für unsere Hunde, als wir es uns meistens vorstellen können.
Ein kleiner Terriermix hatte einmal einen “kleinen” Zwischenfall in der Tierklinik, die dazu geführt hat, dass er weder eine andere Tierarztpraxis betreten konnte, noch sich von der Halterin anfassen ließ, wenn er z.B. eine Zeckenentfernung erwartete. Nachdem wir alles Schritt für Schritt bei ihnen zu Hause geübt hatten und wir schließlich die Tierarztpraxis in Angriff nehmen konnten, und der Unterstützung einer wirklich wunderbaren Tierärztin, haben wir es nach mehrmaligen Spaßbesuchen in der Praxis geschafft, dass der kleine Terrier nach einem Impftermin, der ihm immer noch recht unangenehm war, beim Folgetermin sehr freudig die Tierärztin begrüßte und gleich wieder mit ihr arbeiten wollte! Das Zeckenentfernen ist übrigens auch kein großes Problem mehr.
Definitiv das Kinntarget! Wenn der Hund das kann, kann man sehr viele Untersuchungen oder Pflegemaßnahmen damit kombinieren. Außerdem liebe ich es zu sehen, wie sehr sich ein Hund darauf konzentrieren kann, das Kinn möglichst ruhig in die Hand oder auf einen Gegenstand zu legen.
Nehmt euch Zeit und sucht einen Tagesabschnitt, wo ihr selbst Ruhe und Geduld habt und euer Hund Lust zu arbeiten hat. Damit ihr nicht nur trainiert, sondern euch konzentrieren und entspannen könnt. So macht es gleich noch mehr Spaß!
“Das brauchen nur Hunde, die schon Probleme mit dem Tierarzt haben”.
Medical Training ist für jeden Hund und jedes Alter geeignet. Im Gegenteil, wenn man schon beginnt, bevor der Hund schlechte Erfahrungen macht, ist selbst eine schlechte Erfahrung viel leichter verkraftbar. Genau wie bei uns Menschen. Wenn wir auf eine Situation vorbereitet und aufgeklärt werden, kommen wir viel besser mit einer schlechten Erfahrung zurecht, als wenn sie plötzlich passiert.
Und leider erkennen die meisten Halter und Tierärzte die ersten kleinen Beschwichtungssignale gar nicht und es fällt erst dann auf, wenn der Hund die Situation meidet oder gar schon schnappt. Und dann hat man viel mehr Arbeit und die Erfolgschancen, dass es so wird wie früher, sind geringer.
Noch dazu ist Medical Training nicht nur nützlich, sondern macht Spaß, stärkt die Beziehung und lastet den Kopf aus. Da schlägt man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe!
vor Ort & online
Du möchtest Medical Training nicht nur verstehen, sondern es gemeinsam mit deinem Hund Schritt für Schritt aufbauen? Bei uns kannst du das Training individuell und praxisnah erleben – vor Ort in Wien, Bruck an der Leitha und im Nordburgenland oder auf Wunsch auch als Seminar für Hundeschulen, Vereine oder Teams buchen.
Unsere beiden Kurse – Basiskurs und Fortgeschrittenenkurs – bestehen aus 8 Einheiten à 60 Minuten und finden in kleinen Gruppen mit maximal 6 Hunden statt. So können wir gezielt auf dich und deinen Hund eingehen und euch optimal beim Training begleiten. Alternativ kannst du dich auch für ein Einzeltraining entscheiden, um individuell an bestimmten Themen zu arbeiten oder Grundlagen zu festigen.
Wer lieber flexibel von zu Hause aus trainiert, kann Medical Training auch über unserer Online-Hundeschule lernen. Wir lernen unter anderem:
Ob vor Ort oder online – unser Ziel ist es, dich und deinen Hund auf medizinische Situationen und Pflegemaßnahmen optimal vorzubereiten, eure Zusammenarbeit zu stärken und Vertrauen aufzubauen. So werden selbst herausfordernde Momente zu einer entspannten Teamarbeit.
Übrigens:
Wir bieten den allgemeinen Sachkundenachweis für Niederösterreich sowie das Bundesland Salzburg an – monatlich, online und offiziell anerkannt. Hier geht es zur Anmeldung!
Melde dich bei uns – wir freuen uns auf dich und deinen Hund.
Willenskraft Schatztruhe
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Dieser Beitrag wurde von Bianca Oriana Willen (Inhaberin und Gründerin der Hundeschule Willenskraft & Akademie) verfasst und gestaltet.
Die fachlichen Inhalte und Antworten stammen von Jessy Pusch, Trainerin der Hundeschule Willenskraft in Bruck an der Leitha, dem Nordburgenland und Wien, mit Spezialisierung auf Medical Training.